Vormodell und Grundform

Weniger ist mehr - Ein Vormodell aus Styropor diente zur Annäherung an Größe und Proportion. Es galt ein Gefühl für den Raum zu entwickeln, den Rhythmus und den Klang des Domes zu erfassen.

 

 

 

 

 

 

 

Die Abbildung zeigt das aus geometrischen Styroporformen, wie mit "Bauklötzen" zusammengestellte Vormodell.

Wie reduziert man den Kölner Dom?

Zwangsläufig stellte sich während dieser Arbeitsphase außerdem die Frage, wie viele der architektonischen Bestandteile des Kölner Doms man, unter Einhaltung der Maßstabstreue, reduzieren kann. Inwiefern konnten Elemente des Bauwerkes weggelassen werden, ohne dass daraus am Ende eine der Erhabenheit nicht gerecht werdende Spielzeugversion des Kölner Doms entstanden wäre? Um den Kölner Dom reduziert darzustellen, war es zwingend notwendig im Vorfeld seinen Rhythmus, seine Melodie zu erkennen. Ohne das Begreifen der Gesamtheit der Architektur wäre dies ein Akt der Unmöglichkeit gewesen. Dadurch ergab sich, nach Abschluss der Arbeiten an den Proportionsmodellen aus Ton bzw. Styropor, ein Maßstab von 1:255000.

 

Mittels Skizzen und Vorzeichnungen auf Transparentpapier und dem Anfertigen eines Reliefs aus Pappe begann Telkmann eine Ahnung der Gesamtwirkung, der Räumlichkeit zu entwickeln. Ein Herantasten von Anfang an. Diese Schritte dienten vor allem auch dem Aspekt des „Loslassens“ der althergebrachten, von Kindheit an verinnerlichten Bilder im Kopfe des Künstlers; als Prozess des Verstehens von Aufbau und Proportionen der gotischen Vorlage. Es folgten Zeichnungen inklusive erdachtem Sockel, der nicht bloß das Tastmodell tragen sollte, sondern eben auch Maßwerkelemente.

 

Im April entstanden erste Proportionsmuster aus Polystyrol, auf die Grundformen reduziert. Zunächst unter Weglassung der Strebepfeiler, wurden nach und nach die Formen von Lang- und Querhaus, des Chorbereiches und der Turmhauben erarbeitet. So konnte der Dom in einer Art Bauklotz-Technik zusammengesetzt werden. Im nächsten Schritt wurden diese Formen in Ton gearbeitet, was maßgeblich zum Form- und Proportionsverständnis beigetragen hat.

 

 

 

 

 

 

Nach einer Reihe von Experimenten fiel die Materialwahl für das Modell auf Bildhauerwachs, der wie eine Haut über einen Styroporkern gearbeitet wurde. Ein ständiges Messen und Berechnen begleitete diese erste Bauphase.

Grundlagenarbeit, die wie sich später herausstellen sollte, nicht präziße genug sein konnte.

Nach ein paar Monaten stand da der "nackte" Dom, seine Erhabenheit war schon zu erahnen.

 

Um das Tastmodell Kölner Dom zu gestalten galt es zuallererst herauszuarbeiten, wie es auf gar keinen Fall erscheinen sollte und wie es am besten präsentiert werden könnte. Für die künstlerische Umsetzung bedeutete das, dass das fertige Modell barrierefrei zugänglich und sowohl optisch als auch haptisch einladend für den Betrachter sein sollte. In dem Begriff „Betrachter“ sind selbstverständlich eingeschränkt bzw. nicht Sehende Personen eingeschlossen, betrachten sie die Welt doch unter anderem mittels Tastsinn. Davon abgesehen schwebte bei der Planung und Erstellung stets die künstlerische Idee des Gestalters gleich einer Melodie über jedem Handanlegen an das Tastmodell.

 

Das fertige Tastmodell sollte eine Synthese sein zwischen diesen beiden Aspekten – der Kölner Dom, im Maßstab reduziert auf ein überschau- und begreifbares, barrierefrei zugängliches, einladendes Objekt einerseits und dem Anspruch sowohl des Künstlers Ingo Telkmann, als auch Peter Füssenichs zu genügen. Dieser war in seiner Position als Dombaumeister natürlich ein wichtiger Ansprechpartner während des gesamten Schaffensprozesses.

 

 

 

2021 – Wachs überall

 

In den Monaten Juli und August dieses Jahres erfolgte die Fertigstellung des Styropormodells mit Wachsummantelung. Um die jeweiligen Teile aus Styropor wurde mit schwarzem Bildhauerwachs in akribischer Handarbeit Schicht für Schicht der Wachs aufgetragen. Nach jedem Handgriff musste ein Nachmessen und Glätten der Flächen erfolgen, um im späteren Verlauf der Arbeit keine proportionalen Abweichungen zu kreieren. Im Fell des Eingangs erwähnten Hundewelpen, der im Sommer 2021 in das Leben des Künstlers tapste, fanden sich in dieser Zeit immer wieder Wachsteilchen. Der prächtigen Entwicklung des Vierbeiners hat dies in keiner Weise geschadet.

 

Im Sommer 2021 wurde Telkmann vom Domsitzung e.V. und Peter Füssenich offiziell mit der Aufgabe betraut, das Tastmodell Kölner Dom zu schaffen. Sowohl der Dombaumeister als auch der Vorstand des stiftenden Vereins waren nach der Sichtung der Vormodelle von Konzept und Herangehensweise des Künstlers überzeugt.

 

Im Oktober 2021 war schließlich die komplette Grundform des Tastmodells aus Styropor im Wachsmantel gearbeitet. Nun konnte in ebenso akribischer Feinarbeit das Herausarbeiten der Grundpfeiler der Türme, des Westportals und des Ansatzes des Vierungsturms beginnen.